Die Turbulenzen im Bankensektor der USA sorgten für eine Flucht in US-Staatsanleihen, wodurch die Rendite der 10-jährigen Treasuries von 4% auf bis auf 3.70% absackte. Gleichzeitig haben sich die auf dem Geldmarkt eingepreisten Leitzinserhöhungen reduziert, indem die Wahrscheinlichkeit für einen 0.50%-Schritt am 22. März auf unter 50% fiel. Gleichermassen hat der Februar-Beschäftigungsbericht beigetragen: die Arbeitslosenquote ist über Erwarten von 3.4% auf 3.6% angestiegen, und erstmals seit April 2021 sank zudem die Beschäftigung im Industriesektor, wenngleich mit -4'000 nur geringfügig. Ausserdem verliert das Lohnwachstum mit +0.2% im Monatsvergleich an Dynamik, eine der Grundvoraussetzungen für die amerikanische Notenbank (FED), um die Leitzinserhöhungen zu verlangsamen oder gar zu beenden. Die Marktreaktion fiel gemischt aus: die langfristigen Renditen sanken erneut, die Aktienmärkte bauten ihre Verluste der Vortage aus. Der USD wertete sich gegenüber dem EUR und CHF ab.
In Europa hat sich die Teuerung mit einem Rückgang von in der Spitze 10.6% im Oktober 2022 auf 8.5% im Februar zwar auch verlangsamt, liegt aber deutlich über derjenigen der USA (6.4%). Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass die Lohnforderungen der Gewerkschaften laufend steigen und gleichzeitig Streiks ausgerufen werden. In Deutschland fordert die Gewerkschaft Verdi für ihre Mitglieder eine Lohnerhöhung von 15% bei einer einjährigen Vertragslaufzeit. Ein solch hoher Abschluss dürfte auch bei anderen Gewerkschaften Begehrlichkeiten im zweistelligen Bereich wecken und deshalb im Dienstleistungssektor zweifellos Zweitrundeneffekte bei der Inflationsrate auslösen. Als Reaktion darauf müsste die Europäische Zentralbank (EZB) wiederum ihre Geldpolitik restriktiver gestalten.
Während stabile oder möglicherweise fallende Zinsen (als Diskontfaktor) bei der Aktienbewertung in den kommenden Monaten für positive Impulse sorgen dürften, werden die Gewinnerwartungen als Belastung eingestuft. Bereits im 4. Quartal 2022 sanken die Gewinne der S&P 500-Unternehmen um über 4% und damit stärker als zuvor erwartet. Der Gewinnrückgang ist vor dem Hintergrund von 5.5% höheren Umsätzen enttäuschend, ebenso wie der Vergleich vom Umsatzwachstum mit den 7.1% höheren Verbraucherpreisen. Ausgehend von extrem starken Niveaus wird es für die Firmen zunehmend schwieriger, ihre Margen zu halten. Folglich konnten die Unternehmen in einem Umfeld mit höheren Verbraucherpreisen und Umsätzen nicht ausreichend Profit schlagen. Eine mögliche Erklärung hierfür liegt in den markant höheren Kapitalkosten und steigenden Löhnen. Infolgedessen dürften die Gewinnschätzungen weiter nach unten revidiert werden.