Das schnelle Ende der Credit Suisse

Zusammenfassung

Was sich über längere Zeit angebahnt hat, ist zu einem überaus schnellen Ende gekommen: die Credit Suisse (CS) existiert nicht mehr als eigenständiges Unternehmen und wurde von der UBS übernommen.

Nach Jahren der Skandale (u.a. Archegos, Greensill), Milliarden-Bussen, überhöhten Boni an die Top-Manager und Verlusten ist die CS förmlich ausgeblutet. Dadurch hat sie zuerst gemächlich und dann immer schneller das Vertrauen der Anleger und Gegenparteien verloren. Weder Geschäftsleitung noch Verwaltungsrat der CS konnten ab letzten Herbst, als erste Gerüchte über Liquiditätsprobleme aufkamen, den enormen Abfluss an Kundengeldern stoppen. Aber auch die Bankenaufsicht FINMA und die Schweizerische Nationalbank (SNB) haben lange dem Zerfall der CS zugeschaut, statt frühzeitig und entschlossen einzugreifen. Als die SNB am letzten Mittwoch notfallmässig mit Liquiditätshilfen in der Höhe von CHF 50 Mrd. reagierte, war es bereits zu spät, zu hoch war der Abfluss an Kundengeldern. Ob eine rechtzeitige und beherzte Aussage des SNB-Präsidenten oder Bundesrates, dass die Einlagen sicher sind oder vollumfänglich garantiert werden – wie von Prof. Thorsten Hens in der NZZ behauptet - tatsächlich gereicht hätte, die Kundenabflüsse zu stoppen, sei dahingestellt. In zwei Fällen haben solche Aussagen die Lage jedoch relativ schnell beruhigt:

Während der Eurokrise 2012 «Whatever it takes» durch Mario Draghi und während der grossen Finanzkrise 2008 «die Einlagen sind sicher» durch Bundeskanzlerin Merkel 2008.

Für Ernüchterung sorgt zudem die Erkenntnis, dass sich die «Too Big to Fail»-Regulierung (TBTF) als nicht wirksam erwiesen hat. Zwar ist die CS mit genügend Eigenkapital ausgestattet, jedoch wurde die Möglichkeit des totalen Vertrauensverlustes - mit der Folge des Konkurses infolge mangelnder Liquidität - zu wenig berücksichtigt. Eine gemäss TBTF ordnungsgemässe Abwicklung der CS war in der Kürze der Zeit schlicht nicht mehr möglich, da am Montag bei Börsenöffnung die CS höchstwahrscheinlich zahlungsunfähig geworden wäre. Damit wären unübersehbare negative Folgen für das gesamte globale Bankensystem, ähnlich dem Lehman-Ereignis 2008, verbunden gewesen. Die Zuspitzung der Situation ist auch der Pleite der Silicon Valley Bank vor zwei Woche in den USA geschuldet. Zwar hat in diesem Fall die amerikanische Notenbank (FED) schnell und effizient reagiert, doch das Vertrauen der Anleger in den gesamten Bankensektor wurde bereits da heftig angekratzt

Fakten zur Uebernahme durch die UBS

Angesichts des äusserst kurzen Zeitfensters verblieb neben einer Verstaatlichung der CS einzig die Übernahme durch die UBS als noch schnellstmöglich umsetzbare Option für die Entscheidungsträger. Die Aufsichtsbehörden und der Bund entschieden sich für das letztere.

Die UBS übernimmt die Aktien von CS zu einem Kurs von CHF 0.76, das ist weniger als die Hälfte des Schlusskurses von CHF 1.86 am Freitag. Zudem erhalten die beiden Banken von der SNB Liquiditätshilfen von je bis zu 100 Mrd. CHF und der Bund bietet zusätzlich Ausfallgarantien in Höhe von CHF 9 Mrd. für problembehaftete Anlagen der CS. Mit einer Bilanzsumme von CHF 1’100 Mrd. ist die UBS etwa doppelt so groß wie CS mit CHF 530 Mrd., wobei die UBS am Freitag eine Marktkapitalisierung von CHF 60 Mrd. auswies, verglichen mit nur noch CHF 7.4 Mrd. der CS.

Die «neue» UBS wird mit der Übernahme zu einer «Mega-Bank» im internationalen Vergleich, vor allem aber am Schweizer Finanzplatz zu einem dominanten Faktor. Die kombinierte Bilanzsumme beträgt CHF 1'530 Mrd., was beinahe zweimal der Wirtschaftsleistung (BIP) der Schweiz entspricht. Folglich stellen sich Fragen zur Gewährleistung eines funktionierenden inländischen Wettbewerbs in verschiedenen Geschäftsbereichen und insbesondere zur Tatsache, dass die neue UBS zu einem noch grösseren finanziellen Risiko für die Schweiz wird.

Bewertung der «neuen» UBS

Die UBS hat angesichts des tiefen Übernahmepreises widerwillig, aber gut verhandelt, da sie die CS zu einem Buchwert von nur 0.10 kauft und gleichzeitig Ausfallgarantien des Bundes für verstecke Risiken erhält. Alleine der Schweizer Teil, die CS Schweiz AG, dürfte mehr als CHF 10 Mrd. wert sein. Ausserdem steigt die neue UBS zum grössten Verwalter von Privatvermögen der Welt auf, der von attraktiven Kundenplattformen der CS in der Schweiz, Asien und Lateinamerika profitieren wird. Allerdings ist eine Übernahme dieser Grössenordnung immer mit operationellen und kulturellen Risiken verknüpft, vor allem, wenn gleichzeitig wie angekündigt mehrere Tausend Stellen abgebaut werden sollen. Besonders teuer dürfte ausserdem der Rückbau der Investmentbank der CS werden. Negativ ist zudem für die Anleger der Abbruch des Aktienrückkaufprogramms der UBS. Ausserdem ist der FINMA-Entscheid umstritten, die nachrangigen Tier-1-Anleihen der CS (auch CoCo- oder Contingent Convertibles Bonds) abzuschreiben. Dadurch verloren deren Halter insgesamt CHF 16 Mrd.

In der Abwägung aller positiven und negativen Bewertungsfaktoren ist die (neue) UBS-Aktie als attraktiv einzustufen.

Konsequenzen für die Anlagepolitik

Auf der Makroebene ergeben sich aus dem CS-Ereignis weitreichende Konsequenzen für die Finanzmärkte. Kurzfristig könnte die Angst der Anleger vor weiteren Bankzusammenbrüchen anhalten und die Aktienmärkte entsprechend belasten. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass es zu einer globalen Bankenkrise kommen wird. Die Banken sind seit der Finanzkrise besser kapitalisiert und können Schocks daher eher absorbieren.

Andererseits könnten die Geschäftsbanken die Kredittätigkeit einschränken und deshalb der bereits ohnehin schwächelnden Weltwirtschaft einen zusätzlichen Dämpfer verleihen. In den USA besteht eine hohe Korrelation zwischen der Nutzung der Diskont-Kreditfensters des FED durch die Banken (Nachfrage nach kurzfristiger Liquidität) und der Einschränkung der Kreditvergabe der Geschäftsbanken. Infolgedessen nimmt das Rezessionsrisiko zu und die Inflationserwartungen dürften weiter sinken. Während dadurch die Gewinnkomponente in der Aktienbewertung unter Druck gerät, sorgen die fallenden mittel- und langfristigen Zinsen für einen positiven Impuls. In Anbetracht der hohen Marktvolatilität dürfte das FED diese Woche einen letzten 0.25%-Zinsschritt vollziehen, um danach eine Pause einzulegen. Gleiches ist von der SNB und der EZB zu erwarten, da sich die Zentralbanken in der Wahl zwischen Bekämpfung von Instabilität auf den Finanzmärkten gegenüber Inflationsabbau für das erstere entscheiden werden. Die Teuerungsraten sollten sich infolge der weiter sinkenden Rohstoffpreise ohnehin in diesem Jahr deutlich zurückbilden, sodass Anleihen anhaltend interessant sind.

Wir halten ausserdem unverändert an der leichten Übergewichtung der Aktienanlagen fest, bevorzugen aber die defensiven, konjunkturunabhängigen Sektoren Nicht-zyklischer Konsum, Gesundheit und Versorger. Diese sind vor allem in den Indizes Dow Jones, FTSE 100 und SMI vertreten.

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; mittlere Laufzeiten bevorzugen, Unternehmensanleihen übergewichten
Aktien: Übergewichtung; Schweiz, USA und UK übergewichten; Japan, Schwellenländer und Europa neutral gewichten
Währungen: USD/CHF über 0.95 teilweise absichern und EUR/CHF über 1.00 vermehrt absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Silber und Platin neutral
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Kauf UBS; Obligationen: -
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, Versorger
Themen: Basismetalle und Energie

21.03.2023 / Matthias Wirz