Nach den Äusserungen Powells stiegen die Aktienkurse steil an, und auch Unternehmens- und Staatsanleihen verzeichneten Kursgewinne. So sank die 10-jährige Treasury-Rendite in der Berichtswoche zuerst von 3.55% auf 3.40%, um nach dem über Erwarten starken Beschäftigungsbericht wieder auf 3.50% anzusteigen. Für März ist mit einem letzten 0.25%-Zinsschritt zu rechnen, doch dürfte dieser in Abhängigkeit der Konjunkturdaten in den kommenden Wochen zeitweilig angezweifelt werden. Infolgedessen dürfte das tiefere Zinsniveau der Haupttreiber für die risikotragenden Anlagekategorien bleiben.
Entgegen den Markterwartungen schwächte sich der amerikanische Arbeitsmarkt im Januar nicht ab, ganz im Gegenteil: es wurden über 500'000 neue Stellen geschaffen, statt wie erwartet bescheidene 188'000. Zudem wurden die vorhergehenden zwei Monatszahlen um 71'000 neue Stellen nach oben korrigiert. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote von 3.5% auf 3.4% gefallen, statt auf 3.6% anzusteigen. Zudem hat sich das für die Inflationsentwicklung relevante Lohnwachstum – und daher für das FED unter besonderer Beobachtung stehend – leicht beschleunigt. Da der Arbeitsmarkt der sich abkühlenden Konjunktur üblicherweise um mehrere Monate hinterherhinkt, ist es dennoch nur eine Frage der Zeit bis sich der Arbeitsmarkt signifikant abkühlt. Jedenfalls signalisiert der Einkaufsmanagerindex (ISM) für das verarbeitende Gewerbe mit einem Januarwert von 47.4 eine (milde) Rezession, wobei auch der für das gesamte US-Wachstum bedeutungsvollere Dienstleistungssektor erste Schwächetendenzen zeigt.
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat diese Woche ihren Leitzins von 2.5% auf 3.0% erhöht. An der Pressekonferenz deutete Ratspräsidentin Lagarde an, dass nach einem erneuten 0.5%-Zinsschritt am 16. März die weiteren Zinsentscheidungen „datenabhängig“ sein werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass im Mai sowohl die Inflationsrate weiter auf ein deutlich tieferes Niveau als auch die Wirtschaft in eine zumindest milde Rezession fällt, ist relativ hoch. Damit zeichnet sich auch in der Eurozone ein zeitnahes Ende des Zinssteigerungszyklus ab.
An den Obligationenmärkten nimmt die Risikoaversion der Anleger kontinuierlich ab. Seit Jahresanfang sinken nicht nur die Renditen, sondern auch die Kredit-Risikoprämien.Insbesondere ist dieser Sachverhalt im hochverzinslichen Bereich, aber auch bei Investment-Grade-Anleihen (BBB) sichtbar. Solange die Wahrnehmung am Markt anhält, dass es zu einem «Soft-Landing» und nicht zu einer (tiefen) Rezession in den USA und der Eurozone kommt und gleichzeitig das Ende der zinspolitischen Straffung absehbar ist, sollte sich an diesem positiven Trend wenig ändern.
Die Finanzmärkte gehen nach den Kommentaren des FED und EZB zunehmend von einem «Goldilocks-Szenario» aus. Damit ist ein Soft-Landing der Wirtschaft gekoppelt mit geldpolitischer Lockerung im zweiten Halbjahr 2023 gemeint. Allerdings dürfte nach der im Ausmass überraschenden Kurserholung an der Technologiebörse Nasdaq seit Anfang Jahr die enttäuschenden Quartalszahlen der Index-Schwergewichte Apple, Alphabet und Amazon in den nächsten Wochen zu einer Konsolidierung führen. Die drei Unternehmen verzeichnen eine Marktkapitalisierung von etwa USD 4’600 Mrd. (2.5-fache des DAX) und knapp 13% der Marktkapitalisierung des S&P 500! Insgesamt verläuft die Berichtssaison jedoch ansprechend, wobei bisher 70% der Unternehmen mit ihren Gewinnausweisen positiv überraschten.