Ob die amerikanische Zentralbank (FED) ihren Leitzins - wie vom Geldmarkt erwartet - bereits im Herbst dieses Jahres wieder senken wird, ist aufgrund der rekordtiefen Arbeitslosenquote jedoch ungewiss. Da die Inflationsrate in den kommenden Monaten merklich fallen wird, verbleibt der überaus enge Arbeitsmarkt als kritischer Punkt für das FED. Zurzeit treffen in den USA auf eine arbeitslose Person beinahe zwei offene Stellen, ein zu hoher Wert, um das (für das FED) zu kräftige Lohnwachstum entscheidend abzubremsen. Äußerungen der FED-Vertreter Brainard und Williams bekräftigen unsere Einschätzung, dass das FED seinen Leitzins bis Mitte Jahr noch um mindestens 0.50% in zwei Schritten von je 0.25% bis auf total 5% anheben wird.
Der Verlauf der Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen zum 4. Quartal 2022 verläuft bisher leicht über den (tiefen) Erwartungen. Entscheidender für die Märkte sind aber Aussagen zum erwarteten Geschäftsverlauf in diesem Jahr. Hierbei ist es noch verfrüht, Entwarnung für die zu positiven Gewinnerwartungen zu geben, da der weitere Konjunkturverlauf mit erheblichen Risiken verbunden ist. Solange die Quartalsberichte aber im Durchschnitt nicht deutlich enttäuschen, dürften die Aktienmärkte kaum stark korrigieren.
Hingegen verunsicherten die Kommentare von EZB-Präsidentin Lagarde die Märkte, dass die EZB bei den Leitzinserhöhungen auf Kurs bleiben wird und die Anleihemärkte entsprechend ihre Erwartungen anpassen sollten. Zudem spricht das Protokoll der letzten EZB-Sitzung vom 15. Dezember, an der eine erhebliche Anzahl der Ratsmitglieder anfänglich auf einen 0.75% Zinsschritt pochten, gegen eine schnelle Verlangsamung des Tempos der Zinssteigerungen. Am Geldmarkt ist gegenwärtig eine Wahrscheinlichkeit von 65% für einen 0.50%-Schritt an der nächsten Sitzung vom 16. März eingepreist.
Der Goldpreis setzt seinen Höhenflug fort und notiert mit USD 1'930 auf dem höchsten Niveau seit April 2022. Die Gründe dürften im gegenwärtig schwachen USD und dem absehbaren Ende der Leitzinserhöhungen in den USA zu finden sein. Zudem könnten auch Ängste über ein Scheitern der Verhandlungen über die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA einen preistreibenden Einfluss haben.