Last Minute Einigung in den USA

Zusammenfassung

In den USA zeichnet nach langen Wochen der Ungewissheit bezüglich der Schuldenobergrenze letztlich eine Lösung ab. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, McCarthy, äussert sich bereits in den letzten Tagen optimistisch, dass im Streit um die Schuldenobergrenze eine Einigung erzielt werden kann.

Offenbar haben sich Biden und McCarthy darauf geeinigt, die Fiskalausgaben für zwei Jahre zu begrenzen und die Schuldenobergrenze anzuheben. Demgemäss sollen die Ausgaben für alle Bereiche ausser für die Armee und die Veteranen begrenzt werden. Noch ist die Einigung jedoch nicht offiziell und die Zeit für die Verabschiedung der Gesetze wird knapp.

Aktuelle Situation

In den USA entscheidet der Kongress darüber, wie hoch die Verschuldung des Bundesstaates maximal sein darf. Gemäss Finanzministerium ist die aktuelle Schuldenobergrenze von USD 31.4 Billionen USD Anfang Juni erreicht, sodass ohne deren Anhebung der Zahlungsausfall droht. Dieser aufwendige politische Entscheidungsprozess soll – vom Prinzip her ähnlich der Schuldenbremse in der Schweiz – die Regierung und das Parlament daran hindern, die Schulden unkontrolliert ansteigen zu lassen.

Bemerkenswert ist, dass die Finanzmärkte die ganze Zeit über gelassen auf den Budgetstreit reagierten und entsprechend mit einer Lösung rechneten. Obwohl die Rating-Agentur Fitch den Ausblick für das US-Rating (aktuell AAA) inzwischen auf „negativ“ gesetzt hat, sind die Aktienmärkte in den letzten vier Wochen weiter angestiegen. Laut Fitch würde ein «Default» – die vorübergehende Zahlungsunfähigkeit der USA – das Rating von aktuell AAA auf AA- absenken. Ähnlich wie 2011 müssten dadurch nicht nur die meisten staatlichen Behörden und Unternehmen geschlossen, sondern auch die Löhne der Angestellten ausgesetzt werden.

Auf der Konjunkturseite nehmen die Sorgen einer Rezession in Europa erneut zu. In Deutschland ist der deutsche ifo-Konjunkturindex im Mai von 93.4 auf 91.7 eingebrochen, wobei vor allem die Erwartungskomponente stark nachgegeben hat (88.6 nach 91.7) und deshalb in den nächsten Monaten eine Rezession signalisiert. Bereits im ersten Quartal ist die deutsche Wirtschaftsleistung um -0.3 % im Quartalsvergleich gefallen, weshalb nach -0.5% im Vorquartal von einer technischen Rezession gesprochen werden kann. Neben dem schwächeren privaten Konsum war vor allem der Einbruch der Staatsausgaben um 4.9% für die schwache Gesamtzahl verantwortlich. Letzteres sollte sich in den kommenden Quartalen nicht wiederholen, sodass sich für das Gesamtjahr keine tiefergehende, sondern eher eine milde Rezession abzeichnet.

Ausserdem weisen die Einkaufsmanagerindizes für die gesamte Eurozone im Mai das stärkste Auseinanderklaffen zwischen der Stimmung in der Industrie und im Dienstleistungssektor seit 2009 aus. Ein grosser Teil der Schwäche im verarbeitenden Sektor entfällt auf Deutschland, wo der Index vor allem aufgrund fehlender Nachfrage von 44.5 im April auf 42.9 im Mai abstürzte. Während sich der Preisdruck in der Industrie weiter zurückbildet, legten die Verkaufspreise bei Dienstleistungen trotz Rückgängen bei den Inputkosten weiter zu. Dies deutet auf stabile oder weiter steigende Margen der Unternehmen in diesem Sektor hin.

Unsere Empfehlung

Wir sind unverändert der Meinung, dass die Weltwirtschaft nicht in eine tiefe Rezession fällt. Vor allem der stabile Dienstleistungssektor und der aufgrund der weltweit historisch tiefen Arbeitslosenquoten robuste private Konsum stützen die globale Wirtschaftsaktivität, weshalb allenfalls eine milde Rezession zu erwarten ist. Die von uns empfohlene leichte Übergewichtung der Aktienquote basiert auf stabil hohen Margen der Unternehmen und der zeitnahen Erreichung des «Zinspeaks» der Notenbanken. Die fallenden Inflationsraten in den USA und Europa dürften den Spielraum des FED und der EZB erhöhen, sodass möglicherweise bereits im Frühjahr 2024 mit ersten Leitzinssenkungen zu rechnen ist. Historisch sind die ersten Monate in einer Rezession und demzufolge eintretende Zinssenkungen mit die besten Zeiträume für Aktienanlagen. Wir empfehlen insbesondere defensive, konjunkturunabhängige Sektoren und Unternehmen in der Schweiz (Novartis, Roche, Nestlé, Swisscom, BKW) und die Technologie-Megacaps in den USA (Microsoft, Apple, Amazon, Google, Nvidia). Die starken Quartalszahlen von Nvidia und der positive Ausblick ließen den Kurs zuletzt um 25% ansteigen. Bei Anleihen bleiben kurze Laufzeiten mit guter Bonität interessant (z.B. in CHF 2 5/8% Amag Leasing 2026 oder in EUR ¾% OMV 2023).

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; kurze und mittlere Laufzeiten bevorzugen, Unternehmensanleihen übergewichten
Aktien: Übergewichtung; Schweiz, USA und UK übergewichten; Japan, Schwellenländer und Europa neutral gewichten
Währungen: USD/CHF über 0.95 teilweise absichern und EUR/CHF über 1.00 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Silber und Platin neutral
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: ; Obligationen: ;
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, Versorger, Technologie
Themen: Basismetalle und Energie

26.05.2023 / Matthias Wirz