«Die expansiven geldpolitischen Schritte der chinesischen Zentralbank beflügelten sämtliche asiatischen Aktienmärkte.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Die risikotragenden Anlagekategorien haben die Woche nach dem über Erwarten kräftigen Zinssenkungsschritt von 0.50% der amerikanischen Notenbank (FED) positiv abgeschlossen. Zudem haben Äusserungen verschiedener FED-Mitglieder, dass ein erneuter 0.50%-Zinsschritt im November aufgrund der sich insbesondere im Industriesektor verschlechternden Konjunktur- und Beschäftigungslage möglich sei, die Zinssenkungshoffnungen der Marktteilnehmer weiter unterstützt. Während die Aktienmärkte der Industrieländer zwischen 1% und 3% hinzugewannen, schossen die Aktienindizes von China und Japan um mehr als 14% resp. 7% in die Höhe.
Das vielschichtige Paket an expansiven geldpolitischen Schritten der chinesischen Zentralbank (PBoC) und das neuerliche Konjunkturprogramm der Regierung beflügelten darüber hinaus sämtliche asiatischen Märkte. Einerseits senkte die PBoC ihren Leitzins von 2.3% auf 2.0% und den Mindestreservesatz von 10% auf 9.5%. Damit steht den Geschäftsbanken mehr Kapital für die Kreditvergabe zur Verfügung. Andererseits werden Kreditlinien für Broker und Investment Funds zum Kauf von chinesischen Aktien eingerichtet und die Aufstockung des Eigenkapitals der grossen Geschäftsbanken um USD 142 Mrd. soll die Kreditvergabe stimulieren. Damit dürfte sich der kurzfristige Ausblick für die chinesische Konjunktur und folglich auch für den chinesischen Aktienmarkt aufhellen. Hingegen ist es fraglich, ob dies auch mittel- und langfristig gelingt. Denn Chinas strukturelle Probleme in Form der ungünstigen demografischen Perspektive, der immer noch unbewältigten Immobilienkrise, sinkenden Investitionstätigkeit und geringen Konsumneigung der privaten Haushalte sind damit nicht gelöst. Ferner werden sich die Bemühungen Chinas, die Wirtschaft nachhaltiger und weniger exportabhängig zu gestalten, sowie auf technologische Innovation zu trimmen, erst langfristig auszahlen.
In Europa trübt sich die Wirtschaftslage weiter ein: Die Einkaufsmanagerindizes (PMI) für September enttäuschten auf der ganzen Linie, wobei der Gesamtindex von 51.0 auf 48.9 abrutschte. Vor allem Deutschland scheint mit einem PMI-Wert von 43 für den verarbeitenden Sektor unaufhaltsam in eine Rezession abzugleiten. Erwartungsgemäss fiel ausserdem das ifo-Konjunkturbarometer mit einem Rückgang von 86.5 auf 85.4 äusserst schwach aus. Die Konsensprognosen für das Wirtschaftswachstum (BIP) in diesem Jahr für die Eurozone und Deutschland zeigen eine sich ausweitende Wachstumsschere. Nach den letzten schwachen Konjunkturdaten spricht einiges dafür, dass sich diese Divergenz infolge der schrumpfenden deutschen Wirtschaft in diesem Jahr noch verstärken wird. Seit der Pandemie 2020 fällt das deutsche BIP im Vergleich zur Wirtschaftsentwicklung der gesamten Eurozone kumuliert um über 3% (!) schwächer aus. Der negative Trend dürfte sich auch 2025 fortsetzen, da die hohe Gewichtung des verarbeitenden Sektors in Deutschland und folglich vor allem des kriselnden Automobilsektors voll durchschlägt. Dieser leidet unter hohen Energiepreisen und Lohnkosten, sowie Absatzproblemen in Europa und im Schlüsselmarkt China, wo die heimische, hoch subventionierte Konkurrenz Marktanteile hinzugewinnt.
In diesem rezessiven Umfeld wird sich die Europäische Zentralbank (EZB) zunehmend weniger Sorgen um die ohnehin stetig sinkende Inflationsrate machen, sondern vielmehr den Fokus – ähnlich wie das FED – zunehmend auf die Wachstumsrisiken richten. Entsprechend dürfte die EZB in den kommenden Quartalen ihren Leitzins möglicherweise schneller als allgemein erwartet senken.
Neben der sich abzeichnenden Rezession in Deutschland kommen die politischen Probleme in Frankreich zeitlich höchst ungelegen. Die neue französische Regierung unter Michael Barnier hat keine Mehrheit im Parlament und ist damit abhängig von der Tolerierung durch Le Pens Rassemblement National (RN). Am 1. Oktober tritt die Nationalversammlung wieder zusammen, wobei die Regierung den Haushalt für 2025 zur Abstimmung bringen muss. Nachdem das Haushaltsdefizit 2024 auf 6% des BIP hochgeschnellt ist, werden Sparmassnahmen immer dringlicher, wobei diese in der aktuellen Konstellation schwer durchsetzbar sein werden. Allerdings steigt der Druck der Europäischen Kommission und der Ratingagenturen hierfür stetig an, sodass es eine Frage der Zeit ist, bis sich die Risikoprämien der französischen Staatsanleihen deutlich ausweiten werden.
Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat wie erwartet diese Woche ihren Leitzins von 1.25% auf 1.00% gesenkt. Damit nutzte sie den Spielraum, der durch die jüngste Frankenaufwertung und die tiefe Teuerungsrate entstand, erneut aus. Da sich die Inflationsrate mit 1.1% am unteren Rand der Ziel-Bandbreite von 1%-2% bewegt, dürfte die SNB in den nächsten Quartalen weitere Zinssenkungen vornehmen.
Der Goldpreis hält sich nahe an seinem Allzeithoch bei USD 2'672 pro Unze, unterstützt durch die globalen geldpolitischen Lockerungsschritte der Zentralbanken und die hohe Nachfrage der Notenbanken aus Schwellenländern. Diese versuchen mittels Goldkäufe ihre Devisenreserven zu diversifizieren.
In unserem Makrobild halten wir unverändert an unserem Soft-Landing Szenario fest, das heisst die globale Konjunktur schwächt sich zwar ab, jedoch ohne in eine Rezession abzugleiten. Da sich die Teuerungsraten stetig zurückbilden, dürften die meisten Zentralbanken ihre Leitzinsen in den nächsten Monaten weiter in erheblichem Ausmass senken. In diesem Umfeld sind besonders Aktienanlagen, aber auch Unternehmensanleihen zu empfehlen.
Obligationen: Untergewichtung; Ausbau Unternehmensanleihen: 4 - 8jährige Laufzeiten bevorzugen, Durationverlängerung
Aktien: Übergewichtung
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: -; Obligationen:-
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, Versorger
Matthias Wirz, 27. September 2024