Eskalation im Nahen Osten

  • SNB senkte erwartungsgemäss ihren Leitsatz von 0.25% auf 0.00%.
  • Sowohl Aktien- wie auch Anleihemärkte zeigen sich (vorerst) als resilient gegenüber den Ereignissen im Nahen Osten.
  • Reduzierung der Aktienübergewichtung in den gemischten Portfolios.
Matthias Wirz
«Krieg zwischen Israel und Iran stellt ein weiterer geopolitischer Brennpunkt dar. » Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Der überraschende und weiterreichende Angriff Israels auf die Atomanlagen und militärische Einrichtungen Irans verunsichert die Finanzmärkte und hat die Verhandlungen über Importzölle (vorübergehend) in den Hintergrund gerückt. Am Wochenende schliesslich haben die USA in den Krieg zwischen Israel und Iran mit unterstützenden Militärschlägen eingegriffen und versucht, mit bunkerbrechenden Raketen das Atomprogramm Irans endgültig zu beseitigen. Gleichzeitig erhoffen sich die USA und Israel ein Umsturz des seit Jahrzehnten regierenden und im iranischen Volk mehrheitlich verhassten «Mullah Regimes». Damit hat sich neben dem Ukraine-Russland-Krieg ein weiterer geopolitischer Brennpunkt aufgetan, der die Rohstoff- und Kapitalmärkte periodisch belasten könnte.

Aktuelle Situation

Der Iran dürfte zwar im Hinblick auf einer dann zu erwartenden massiven Reaktion der USA nur begrenzt militärisch zurückschlagen, doch hat das Risiko eines sich ausweitenden Konflikts zugenommen. Demgemäss könnten risikobehaftete Anlagekategorien wie zum Beispiel Aktienanlagen und Schwellenländeranleihen kurzfristig unter Druck geraten und der Ölpreis auf über USD 80 ansteigen.

Es ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass sich dieser Krieg längerfristig negativ auf die Aktien- und Anleihemärkte auswirken wird. Historisch haben die letzten 11 grossen geopolitischen Konflikte zu einem Rückgang des S&P 500 von durchschnittlich nur 0.3% geführt, jedoch 12 Monate später zu einem Anstieg von 7.7% (vgl. UBS, 06/2025).

Deutlich mehr betroffen sind die Energiepreise, wobei der Ölpreis seit Ausbruch des Konflikts um 20% in die Höhe schnellte. Extremprognosen, welche den Ölpreis bereits auf USD 130 pro Fass ansteigen sehen, sind wenig glaubwürdig. Bereits ein möglicher Anstieg bis auf USD 90-100 würde die OPEC und die USA veranlassen, ihre Angebotsmengen massiv auszudehnen.

Bisher zeigen sich sowohl Aktien- wie auch Anleihemärkte resilient gegenüber den Ereignissen im Nahen Osten. Während die Aktienmärkte, gemessen am MSCI World, um 2% korrigierten, blieben die 10-jährigen Staatsanleiherenditen stabil bei 4.4% (USD) resp. 2.5% (EUR). Hingegen zogen die Risikobarometer Volatilität des S&P 500 und Risikoprämie der hochverzinslichen Anleihen von 17% auf 22% resp. von 2.86% auf 3.13% geringfügig an. Diese leicht erhöhten Niveaus sind jedoch weit entfernt von früheren «Stressphasen» (u.a. Covid 2020, Zinswende 2022).

Die amerikanische Notenbank (FED) hat an ihrer jüngsten Sitzung ihren Leitzins zum vierten Mal in Folge unverändert bei 4.5% belassen. Das FED sieht vorderhand keinen Einbruch der Wirtschaftsaktivität, anerkennt aber, dass sich die konjunkturelle Unsicherheit verschärft hat. Entsprechend betont das FED, dass aufgrund der Zölle das Risiko einer höheren Inflationsrate und Arbeitslosenquote zugenommen hat. Bisher ist die Teuerungsrate nach Ankündigung der Zölle weniger als erwartet angestiegen, doch werden diese – möglicherweise mit erheblicher Zeitverzögerung – schlussendlich auf die Konsumenten überwälzt.


Unsere Empfehlung

Demgegenüber haben mehrere Zentralbanken in Europa ihre Leitzinsen erneut gesenkt. Nach der Zinssenkung der EZB letzte Woche, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) erwartungsgemäss ihren Leitsatz von 0.25% auf 0.00% gesenkt. Angesichts fallender Inflationsraten in den negativen Bereich und der anhaltenden Frankenstärke wird nun erneut – trotz unerwünschter Nebeneffekte – über Negativzinsen diskutiert. Während dieser Ausblick die Sparer und risikoaversen Anleger wenig freuen dürfte, erhält der Immobiliensektor zusätzlichen «Rückenwind». Das gilt sowohl für Direktanlagen, welche zurzeit durch eine verschärfte Regulierung des Bankensektors bezüglich Eigenkapitalunterlegung belastet werden, als auch indirekte Anlagen wie zum Beispiel Immobilienfonds. Die Agios (Aufpreise zum inneren Wert) börsennotierter Schweizer Immobilienfonds sind zuletzt stark angestiegen und liegen derzeit durchschnittlich bei über 30%, bei einigen Fonds sogar bei fast 50%.

In Bezug auf die Asset Allokation empfehlen wir, die Übergewichtung in den gemischten Portfolios zu reduzieren und eine defensivere Ausrichtung anzustreben, insbesondere bei ausländischen Aktien. Hierbei sollten die konjunkturunabhängigen Sektoren Nicht-zyklischer Konsum, Versorger und Gesundheit, welche stark in den europäischen Aktienindizes vertreten sind, übergewichtet werden. Entsprechend sollte das Übergewicht des technologielastigen US-Markts auf neutral reduziert werden.

Unverändert attraktiv ist der (defensive) Schweizer Aktienmarkt, welcher infolge der hohen Dividendenrendite (3%), des unterdurchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (18.5) und der expansiven Geldpolitik der SNB in den kommenden Monaten eine überdurchschnittliche Performance erzielen dürfte. Dabei stehen die Aktien von Nestlé, Givaudan, BKW, Swisscom, Roche, Lonza und Novartis im Vordergrund.

Auf der Obligationenseite sind Anleihen mit mittleren und längeren Laufzeiten mit guter Bonität zu favorisieren.

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Neutral-leichte Übergewichtung; Schweiz bevorzugen
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern; EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle und Energie untergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten, Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Verkauf EQQQ, IUIT; Obligationen:
1.19% Banco de Chile 2032
Sektoren: Übergewichtung  nicht-zyklischer Konsum, Versorger, Gesundheit    

Matthias Wirz, 23. Juni 2025