Finanzmarktausblick 1. Quartal 2025

Die USA werden zur Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft

  • Überraschend klarer Wahlsieg der Republikaner in den USA
  • Expansive Fiskalpolitik mit Steuersenkungen und Zöllen erwartet
  • Weltweite Konjunkturerholung bei vorerst tiefen Inflationsraten
  • Günstiges fundamentales Umfeld für Aktienanlagen
Matthias Wirz
«Amerika bestimmt die weltweite Konjunktur weiterhin.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Das neue Jahr steht vorerst ganz im Zeichen des neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Nach dem überraschend klaren Sieg der Republikaner bei den US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen nimmt die zukünftige Wirtschaftspolitik der Regierung Trump zunehmend Konturen an. Es ist mit einer Fortsetzung der bereits heute äusserst expansiven Fiskalpolitik zu rechnen, worunter vor allem die geplanten Steuersenkungen für Private und Unternehmen fallen. Während höhere Militärausgaben das Budget belasten, soll bei der staatlichen Verwaltung erheblich gespart werden. Derweil hat die Nomination von Scott Bessent zum neuen Finanzminister die Gemüter an der «Wall Street» beruhigt, gilt doch der ehemalige Hedge-Fonds Manager als ausgewiesener Finanzexperte mit langjähriger Erfahrung.

Die herausragende globale Wirtschaftsstellung und Marktmacht der USA widerspiegelt sich am Anteil von 25% am globalen Bruttoinlandsprodukt, sowie an der ausgesprochen hohen Marktkapitalisierung amerikanischer Aktien, welche inzwischen 64% im weltweit führenden Aktienmarktindex MSCI erreicht. Es ist anzunehmen, dass die zu erwartende Wirtschaftspolitik Trumps die globale Marktmacht der USA festigen und sich dadurch die Wachstumsschere gegenüber China und Europa weiter öffnen wird. 

Während die beabsichtigte Senkung der Unternehmenssteuer von 21% auf 15% die Gewinndynamik der Unternehmen unmittelbar erhöht und das Investitionsklima in den USA verbessert, lasten die angekündigten Importzölle auf dem Aussenhandel und damit dem Wirtschaftswachstum der besonders betroffenen Länder Kanada, Mexico, China und der Eurozone. Indessen müssen die amerikanischen Konsumenten mit höheren Preisen rechnen, zurückzuführen auf die Importzölle, welche grösstenteils auf sie überwälzt werden dürften. Im Ergebnis ist eine zunehmende Inflationsrate genau das Gegenteil von den in Trumps Wahlkampf versprochenen Massnahmen für mehr Kaufkraft des amerikanischen Mittelstands. Erstaunlicherweise sind in den letzten Wochen die Inflationserwartungen kaum angestiegen. Der Obligationenmarkt rechnet somit nicht mit der vollständigen Umsetzung der angedrohten Zölle und einer weniger expansiven Fiskalpolitik. Eher werden die Zoll-Drohungen als Ausgangspunkt für Verhandlungen mit den grössten Handelspartnern der USA interpretiert. Im Endeffekt könnte folglich das Wirtschaftswachstum, aber auch die Inflationsrate geringer ausfallen als erwartet.


Unsere Anlagepolitik

Konjunkturdaten

Der expansive «Policy-Mix» der Regierung Trump wird das weltweite Wirtschaftswachstum 2025 stimulieren, wozu besonders die geplante Steuersenkung für Unternehmen den grössten Beitrag liefern wird. Die schon länger expansive Fiskalpolitik wird von einer weniger restriktiven Geldpolitik begleitet werden,  solange wie die Teuerungsrate im Zielbereich von 2% des FED verharrt. Somit werden die USA zur Konjunkturlokomotive für die Weltwirtschaft, wovon auch die schwächelnden Regionen - trotz der geplanten Einfuhrzölle - Europa und Asien profitieren dürften. Entsprechend erwartet die EZB eine langsame Konjunkturerholung im neuen Jahr, unterstützt durch den starken USD und das tiefere Zinsniveau. Gleichzeitig werden die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft betont, weshalb die EZB bereits eine weitergehende Lockerung der Geldpolitik – unter dem Vorbehalt der Datenabhängigkeit – signalisiert.

Aktienanlagen: übergewichten

Das tiefere Zinsniveau und solide Gewinnerwartungen bilden auch im neuen Jahr ein günstiges fundamentales Umfeld für Aktienanlagen, sodass wir weiterhin eine Übergewichtung empfehlen. Der amerikanische Aktienmarkt gibt zwar die Richtung an, ist aber im Vergleich zu Europa und Asien deutlich teurer. Es ist davon auszugehen, dass europäische und asiatische Aktien 2025 eine bessere Rendite erzielen und der historisch aussergewöhnlich hohe Bewertungsabschlag reduziert wird. So weist z.B. Europa gegenüber den USA ein Abschlag von über 40% auf, wobei das Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500 bei 25 gegenüber nur 14.5 des Euro Stoxx 50 liegt.

Der schweizerische Aktienmarkt wiederum wird aufgrund der Kursschwäche der drei Index-Schwergewichten Nestlé, Novartis und Roche arg belastet und ist deshalb ebenfalls günstig bewertet. Wir bleiben angesichts der attraktiven Dividendenrenditen von 4% und hohen Risikoprämien von bis zu 7% in unserem Heimmarkt übergewichtet. Im Weiteren ist es eine Frage der Zeit, bis die Nachfrage von grossen ausländischen institutionellen Anlegern wiedererwacht und nachfolgende Kapitalzuflüsse positiv auf den hiesigen Aktienmarkt einwirken werden.

Obligationen: untergewichten

Gleich mehrere Notenbanken haben ihre Geldpolitik im Dezember weiter gelockert: Die SNB nutzte mit der vierten Leitzinssenkung in Folge von 1.00% auf 0.50% ihren hinzugewonnenen Spielraum konsequent aus. Die SNB toleriert somit kein stetiges Unterschiessen der Teuerung unter den Zielbereich von 1%-2%. Die EZB wiederum reduzierte ihren Leitsatz um 0.25% von 3.25% auf 3.00% und begründet dies mit der rückläufigen Teuerungsrate in der Eurozone. Das eröffnet zum einen künftigen Zinssenkungsspielraum, jedoch sorgt sich die EZB mehr um die derzeit schwache Konjunktur. Kurz vor Weihnachten senkte auch das FED ihren Leitzins um 0.25% von 4.75% auf 4.50%. Anders als in Europa engt sich der Spielraum für das FED zunehmend ein, da die Inflationsrate in den letzten Monaten hartnäckig über dem Zielbereich von 2% verharrte.

Aufgrund der flachen Zinsstrukturkurven rechnet der Anleihemarkt in den nächsten Monaten nicht mit steigenden langfristigen Renditen. Wir raten angesichts der expansiven Wirtschaftspolitik in den USA dennoch zu Vorsicht und empfehlen Obligationen mit kurzen bis mittleren Laufzeiten und guter Bonität. Obligationen bleiben infolge der geringen erwarteten Erträge deutlich untergewichtet.  

 

Immobilien: übergewichten

Die kotierten Schweizer Immobilienfonds haben den zinsbedingt heftigen Rückschlag im 2022 in diesem Jahr mehr als wettgemacht. Angetrieben durch das fallende Zinsniveau haben sich die Aufschläge gegenüber dem inneren Wert (Agio) von nahe 0% Ende 2023 auf mittlerweile wieder 29% erhöht. Damit ist das weitere Kurspotential als gering einzustufen, weshalb wir von einer weiteren Aufstockung der Immobilienquote abraten. Die vergleichsweise hohe Ausschüttungsrendite von durchschnittlich 2.40% bleibt im Vergleich zu den «fast-null»-Obligationenrenditen attraktiv.

Edelmetalle und Rohstoffe: attraktiv

Gegenwärtig lasten die zu erwartende expansive Wirtschaftspolitik der neuen US-Regierung und der dadurch erstarkte USD auf dem Goldpreis. Sofern die Zinsen nicht deutlich ansteigen, sollten die anhaltenden Goldkäufe der Notenbanken, vornehmlich aus den Schwellenländern und China, zu einem weiteren Anstieg des Goldpreises in USD führen.

Die weltweit schwache Industriekonjunktur, die zunehmende Förderung in den USA, sowie Friedensbemühungen im Nahen Osten und der Ukraine dürften den Ölpreis auf einem verhältnismässig tiefen Niveau von USD  65-75 pro Barrel halten. Entsprechend wenig attraktiv erscheinen Rohstoffanlagen aus dem Energiesektor.   

Währungen

Die SNB versucht mit den jüngsten Zinsschritten die anhaltende Frankenstärke insbesondere gegenüber dem EUR zu brechen und dadurch die exportabhängige Wirtschaft anzuschieben. Die gleichzeitige Dollarstärke dürfte gegenüber dem EUR und CHF aufgrund der hohen Zinsdifferenz und der womöglich vorsichtigeren Geldpolitik des FED auch im neuen Jahr vorerst anhalten. Dadurch wird sich die Wettbewerbs- und Exportfähigkeit Europas mindestens kurzfristig verbessern. Allerdings dürfte längerfristig die Überbewertung des USD - gemessen an der Kaufkraftparität - zweifelsohne abgebaut werden. Die japanische Zentralbank (BOJ) befindet sich hingegen auf einer heiklen Gratwanderung zwischen Normalisierung der Geldpolitik und fundamentalem Aufwertungsdruck des JPY.

 

Alternativen zu unserer Anlagestrategie und Hauptszenario

Das oben beschriebene Hauptszenario hat vorerst eine unverändert sehr hohe Wahrscheinlichkeit, während das positive Szenario leicht wahrscheinlicher ist als unser negatives Szenario. Wir erwarten somit für 2025 ein gutes wirtschaftliches Umfeld und bevorzugen somit weiterhin Sachwerte.  

Negatives Szenario: Inflationszunahme und Konjunkturabschwung

In diesem Szenario wird absehbar, dass sich die Teuerungsraten nicht wie erwartet schrittweise bis in den Zielbereich der Notenbanken von 2% zurückbilden. Ausgehend von den USA, wo die expansive Wirtschaftspolitik der neuen Regierung Trump zu einer Überhitzung der Wirtschaft führen könnte, verharren die Teuerungsraten auch in Europa auf zu hohem Niveau. Hierbei erweist sich die Inflationsrate der Dienstleistungen und Wohnungskosten als hartnäckige Inflationstreiber. Des Weiteren werden Importzölle die Teuerungsraten gleichfalls ungünstig beeinflussen.

Da das FED einen erneuten Inflationsschub nicht akzeptieren wird, wird der laufende geldpolitische Lockerungsprozess bereits im 2025 beendet und führt zu erneut steigenden Leitzinsen. Entsprechend gross ist das Enttäuschungspotential für die Finanzmärkte, sollte der durch die Regierung Trump ausgelöste Wirtschaftsboom in den USA in kurzer Zeit durch einen Konjunkturabschwung abgelöst werden. Eine weltweite Rezession wird zu einem Einbruch der Unternehmensgewinne und zu empfindlichen Preiskorrekturen auf den – vor allem in den USA hoch bewerteten - Aktienmärkten führen. Sichere Häfen wie zum Beispiel der CHF, JPY, Gold oder Staatsanleihen sind die Gewinner.

Positives Szenario: Sinkende Inflationsraten und Konjunkturaufschwung

Da wirtschaftspolitische Massnahmen üblicherweise eine erhebliche Wirkungsverzögerung verzeichnen, ist in den USA erst Ende 2025 mit einer deutlichen Wachstumsbeschleunigung und wieder steigenden Teuerungsraten zu rechnen.

In diesem Szenario sinken die Inflationsraten bei robustem Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten, unterstützt durch fallende Energie- und Rohstoffpreise. Dies erlaubt den Zentralbanken (FED und EZB, weniger der SNB) deutlich stärkere Leitzinssenkungen bis Ende Jahr. Begleitet von fallenden Langfristzinsen resultiert dann ab Ende Jahr eine kräftige Zunahme der globalen Wirtschaftsaktivität.

Dieses Szenario begünstigt risikotragende Anlagekategorien, allen voran Aktienanlagen aus den Wachstumssektoren (Technologie), sowie klein- und mittelkapitalisierte Unternehmen.

Matthias Wirz, 30. Dezember 2024