«Der «Policy-Mix» wird expansiver und unterstützt damit das globale Wirtschaftswachstum.» Matthias Wirz

KI-Boom hält weiter an

  • Unsere Modelle signalisieren keine Rezession in den USA
  • Importzölle mit begrenzt negativem Einfluss auf das Wachstum
  • Unverändert leichte Übergewichtung der Aktienquote
Matthias Wirz
«Der «Policy-Mix» wird expansiver und unterstützt damit das globale Wirtschaftswachstum.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Die gute Stimmung an den Finanzmärkten hielt auch letzte Woche an. Während sich die langfristigen Zinsen deutlich zurückbildeten, erzielten sowohl der Weltaktienindex (MSCI World, +1.5%) als auch der amerikanische S&P 500 neue Rekordstände (+1.6% in USD). Ausserdem verzeichneten die Aktienmärkte in Asien und Schwellenländern eine überdurchschnittliche Performance von jeweils 4%. Auffällig war hingegen das schwächere Abschneiden des DAX (+0.4%) und SMI (-1.4%). Auch Gold erreichte zwischenzeitlich ein neues Allzeithoch bei USD 3'640 pro Unze.


Aktuelle Situation

Erneut positive Nachrichten aus dem Technologie-Sektor beflügelten die bereits hoch bewerteten US-Aktienmärkte. Insbesondere Oracle begeisterte die Anleger mit seinem - aufgrund des rekordhohen Kontraktvolumens mit OpenAI von USD 300 Mrd. über 5 Jahre - massiv verbesserten Ausblicks. Der Kurs von Oracle stieg nachbörslich um satte 28%, weshalb die Firma nun mit einem Marktwert von USD 875 Mrd. auf Rang 10 der wertvollsten Unternehmen im S&P 500 angelangt ist. Das Thema KI wird dadurch selbstredend weiter befeuert.   

Auf der Makroebene zeigen die neusten Daten mit erheblicher Zeitverzögerung eine beschleunigte Abschwächung des amerikanischen Arbeitsmarkts. Während die Arbeitslosenquote seit März 2024 langsam, aber stetig von 3.8% auf 4.2% angestiegen ist, verzeichnete der Stellenaufbau («non farm payrolls)» eine Abwärtsrevision von über 900'000 Stellen (bis August 2025). Entsprechend heftig fiel die Marktreaktion auf dem Obligationenmarkt aus: die USD-Zinsen fielen binnen Wochenfrist über das gesamte Laufzeitenspektrum um 0.15%. Der Trend zu tieferen Zinsen verstärkte sich zusätzlich mit der Publikation der Teuerungsrate im August, welche unverändert bei 3.1% (Kernrate) lag. Bislang sind nur geringfügige Auswirkungen der Importzölle zu verzeichnen, dennoch ist das Niveau weiterhin erhöht und weit entfernt vom Ziel des FED von 2%.

Die den Verbraucherpreisen vorgelagerten Produzentenpreise lagen indes weit unter den Erwartungen, wobei sich in den Details Margendruck auf die Unternehmen abzeichnet. Insgesamt öffnet der (deutlich) abnehmende Teuerungsdruck die Tür für das FED, ihren Leitzins am Mittwoch um 0.25% von 4.5% auf 4.25% zu senken. Da sich der Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten weiter abschwächen dürfte, wird das FED bis Ende Jahr ihren Leitzins möglicherweise weiter reduzieren.

In Frankreich wurde der bisherige französischer Verteidigungsminister Ally Lecornu von Präsident Macron zum neuen Premierminister ernannt. Allerdings wird es auch für ihn schwierig werden, eine Mehrheit für das (Spar-) Budget zu erreichen. Lecournu verspricht einen freundlicheren Umgang mit der Opposition, wobei sein erstes Ziel darin bestehen wird, eine Einigkeit für das Budget zu finden.


Unsere Empfehlung

Der Anlageausschuss der Trafina Privatbank hält an der leichten Übergewichtung der Aktienquote fest. Während weltweit bereits eine expansive Fiskalpolitik vorherrscht, wird in den kommenden Monaten auch die Geldpolitik der Notenbanken expansiver. Dies gilt insbesondere für die USA, wo das FED in den kommenden Monaten ihren lange im restriktiven Bereich gehaltenen Leitzins senken dürfte. Somit wird der «Policy-Mix»  expansiver und unterstützt damit das globale Wirtschaftswachstum. Unsere Modelle signalisieren für die nächsten Quartale denn auch keine Rezession in den USA. Die Teuerungsrate bildet sich hingegen nur zögerlich zurück und sinkt erst 2026 unter 2%. 

Dadurch sind weiterhin stabile Gewinnwachstumsraten der Unternehmen zu erwarten, bei gleichzeitig tiefen und regional sogar weiter fallenden Zinsen. In den USA ist ausserdem die dauerhafte Absenkung der Unternehmenssteuern von ehemals 35% auf 21% zu berücksichtigen, welche die Gewinne zusätzlich positiv beeinflussen wird. Davon werden die Aktienmärkte profitieren, wenngleich der US-Markt im Gegensatz zum Rest der Welt historisch hoch bewertet ist. Allerdings ist die Überwertung weniger ausgeprägt, wenn die grossen Tech-Unternehmen ausgeklammert werden. 

Die breit diskutierten Importzölle sollten hingegen nur begrenzt negativen Einfluss auf die globale Wirtschaftsaktivität und Unternehmensgewinne haben. Die Mehrzahl der kotierten Unternehmen besitzen Niederlassungen in den USA oder in der EU, wodurch keine Zölle oder allenfalls 15% entstehen.

In den gemischten Portfolios bleibt die Obligationenquote aufgrund des vor allem in der Schweiz tiefen Zinsniveaus taktisch stark untergewichtet. Während ein Teil des Untergewichts in Aktienanlagen fliesst, wird der grössere Teil in Immobilienanlagen investiert. Regional bevorzugen wir einerseits die USA aufgrund des Technologiesektors mit dem Thema KI und andererseits die insgesamt attraktiv bewerteten Schweizer Aktien. Dabei besteht das grösste Kurspotential zum einen unverändert bei «ausverkauften» Aktien wie zum Beispiel Nestlé, Roche, Givaudan, Alcon, Sika oder Richemont. Zum anderen stehen Aktien mit viel «Momentum» im Vordergrund wie z. B.  Swiss Life, Swisscom und Novartis

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Leichte Übergewichtung; Schweiz bevorzugen
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern; EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle und Energie untergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten, Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien:-  ; Obligationen:-
Sektoren: Übergewichtung Technologie, nicht-zyklischer Konsum, Versorger.

Matthias Wirz, 15. September 2025