Konjunkturausblick verdüstert sich

  • Eine Rezession kann in den USA gegen Ende 2025 nicht mehr ausgeschlossen werden.
  • In Deutschland werden die Sondervermögen in der Höhe von EUR 1'000 Mrd. einen Wachstumsimpuls auslösen.
  • Die Aktienquote wird von Übergewichten auf Neutral reduziert.
Matthias Wirz
«Das FED wird seine restriktive Geldpolitik vorerst fortsetzen.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Die Wirtschaftspolitik der Regierung Trump ist weiterhin als erratisch und chaotisch zu bezeichnen. In Bezug auf die vorerst noch ausgesetzten - historisch einmalig hohen -«reziproken» Zölle äusserte sich Trump zuletzt verhandlungsbereit und stellte zudem in 2-3 Wochen niedrigere Zölle gegen China in Aussicht. Auch Finanzminister Bessent äusserte sich ähnlich, indem er bemerkte, dass die USA und China schnell «Wege der Deeskalation» finden müssten. Im Weiteren sollen nun Autohersteller von einem Teil der Zölle ausgenommen werden. Dennoch werden die Zölle mit dem «Sockelsatz» von 10% höher als vor dem „Liberation Day“ bleiben, mit entsprechenden Kosten für Unternehmen und Konsumenten.

Aktuelle Situation

Zugleich ruderte Trump in der Beurteilung des Präsidenten der amerikanischen Notenbank (FED) Jerome Powell zurück. Nachdem er am Wochenende noch nach rechtlichen Mitteln suchte, diesen entlassen zu können, soll Powell nun doch bis zum Ende seiner Amtszeit 2026 FED-Vorsitzender bleiben. Möglicherweise hat der stark negativ reagierende Obligationenmarkt mit folglich steil anziehenden Langfristzinsen die Regierung Trump zum Einlenken bewegt. Wäre Powell tatsächlich abgesetzt und durch eine «der Regierung nahestehende Person» ersetzt worden, wäre die Unabhängigkeit des FED faktisch beendet gewesen. Dadurch wäre wiederum der bereits grosse Vertrauensverlust der weltweiten Anleger in den USD und die Treasury-Anleihen weiter erodiert. Dieses Risiko konnte und wollte die US-Regierung nicht eingehen.  

Infolgedessen hat die Volatilität an den Finanzmärkten in den letzten Tagen abgenommen und die Aktienkurse, gemessen am MSCI World, sind seit Ostern um 1.5% angestiegen. Geholfen haben dabei Berichte, dass Verhandlungen der USA mit Japan und Indien kurz vor dem Abschluss stünden. Insgesamt geht der Markt davon aus, dass der Höhepunkt der „Zoll-Flut“ überschritten ist und eine Rückkehr zu den angedrohten „reziproken“ Zöllen nach dem Auslaufen der Frist von 90 Tagen am 8. Juli unwahrscheinlich ist.

Dennoch dürfte das weitere Kurspotential bei Aktienanlagen trotz der bislang besser als erwarteten Quartalszahlen in den USA begrenzt bleiben. Nicht nur die Zollpolitik, sondern auch die innen- und aussenpolitischen Entscheidungen der US-Regierung untergraben das Vertrauen der Anleger in die USA. Möglicherweise werden deshalb internationale Anleger eine allfällig bestehende Übergewichtung amerikanischer Aktien in gemischten Portfolios reduzieren.

Womöglich schwerer wird die aufgrund des Handelskriegs ausgelöste Unsicherheit der Konsumenten und Unternehmen auf der globalen Konjunktur lasten. Unsicherheit resultiert erwiesenermassen in sinkender Konsumneigung der privaten Haushalte und zurückhaltende Investitionstätigkeit der Unternehmen. Sollten die Zölle schlussendlich in ihrer gesamten Höhe eingeführt werden, kommt deren ökonomische Wirkung einem negativen Angebotsschock in Form einer kräftigen Steuererhöhung gleich. In den USA würde in diesem Fall eine bereits seit längerem restriktive Geld- auf eine restriktive Fiskalpolitik treffen, sodass eine Rezession die unmittelbare Folge wäre. Der Rest der Welt könnte sich diesem Negativ-Szenario nicht entziehen.


Unsere Empfehlung

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat entsprechend bereits seine Wachstumsprognosen für die Weltwirtschaft reduziert, geht aber noch nicht von einer globalen Rezession aus. In einem Umfeld erheblich sinkender Wachstumsraten dürften die Unternehmensgewinne deutlich an Dynamik einbüssen. Zurzeit werden die Gewinnerwartungen durch die Analysten bereits in hoher Kadenz nach unten revidiert.

Nachdem wir Anfang April den übertriebenen «Ausverkauf» an den Aktienmärkten mit Kursverlusten von 10-15% für ein Rebalancing (Zukauf von Aktienanlagen, um die ursprüngliche Gewichtung wieder herzustellen) nutzten, ist angesichts des sich rasch verschlechternden fundamentalen Umfelds inzwischen ein Abbau der Aktienquote zu empfehlen. Dafür kann die laufende «technische» Erholung, welche (seit dem 07.04.25) zu Kursgewinnen von rund 10% geführt hat, hilfreich sein. Das gilt vor allem für die ausländischen Märkte, insbesondere für die USA mit ihrem grossen Anteil an Wachstumssektoren. Gleichzeitig sollten weitgehend konjunkturunabhängige Sektoren wie zum Beispiel Nicht-zyklischer Konsum, Versorger und Gesundheit bevorzugt werden, wie sie vor allem in der Schweiz und Europa zu finden sind. 

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Neutral; Schweiz und Europa bevorzugen
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern; EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle und Energie neutral gewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten, Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: - ;  Obligationen:  -
Sektoren: Übergewichtung  nicht-zyklischer Konsum, Versorger, Gesundheit    

Matthias Wirz, 25. April 2025