Konsolidierung bereits vorbei?

  • Die erwartete Konsolidierung an den Aktienmärkten dauerte nur gerade zwei Wochen an.
  • Das FED dürfte unter Berücksichtigung des erneut starken Arbeitsmarktberichts im Januar vorsichtiger kommunizieren und den Markt auf eine Verschiebung der ersten Zinssenkung von März auf Juni einstimmen.
  • Aktienanlagen bilden auch in den kommenden Monaten unsere favorisierte Anlagekategorie, da die grossen Notenbanken aufgrund fallender Teuerungsraten in diesem Jahr ihre Leitzinsen (deutlich) senken werden.
Matthias Wirz
«Für die künftige Aktienmarktentwicklung wird es entscheidend sein, ob die übrigen Sektoren (ausserhalb des Technologiesektors) ebenfalls solide Gewinnwachstumsraten erreichen und demzufolge Kursgewinne verzeichnen können.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Die erwartete Konsolidierung an den Aktienmärkten dauerte nur gerade zwei Wochen an, weil vor allem die grossen Technologiekonzerne in den USA über den Markterwartungen liegende Quartalsergebnisse geliefert haben.


Aktuelle Situation

Zuletzt übertrafen die Quartalszahlen des Chipherstellers Nvidia die bereits zuvor ausserordentlich hohen Markterwartungen markant und setzten damit ein ausgesprochen starkes Ausrufezeichen. Der Jahresgewinn erhöhte sich 2023 auf USD 12.3 Mrd., ein Plus von 770%. Des Weiteren machte Nvidia ambitionierte Aussagen zum weiteren Wachstumsverlauf, begründet in der rasch zunehmenden Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) in allen Segmenten der Wirtschaft. Darauf stieg die Aktie nachbörslich um 15% an und die Marktkapitalisierung nahm um USD 260 Mrd. zu – ein neuer Rekord in der Tagesveränderung. Die Rallye zog die anderen Technologiewerte mit und führte zu einem neuen Indexrekord des S&P 500 bei 5'087 Punkten. Damit dürfte die Hochstimmung um das Thema KI weiter anhalten und die zuletzt von vermehrter Vorsicht geprägte Stimmung der Anleger aufhellen.

Aufgrund der starken Gewinndynamik der grossen Technologiewerte (MSFT, APPL, NVDA, META, AMZN, GOOG,…) im Vergleich zum Gesamtindex sollte die hohe Konzentration dieser Aktien in den Indizes (S&P 500, MSCI World) - und folglich auch in den passiven Anlagefonds (ETFs) - den Gesamtmarkt kurzfristig weiter antreiben. Bisher hat seit Anfang Jahr alleine Nvidia 25% der Performance des S&P 500 geliefert. In Anbetracht der inzwischen hohen Bewertung des Technologiesektors wird die Luft für weitere Kursgewinne allerdings dünner. Sodann wird es künftig für den Gesamterfolg entscheidend sein, ob die breiten Aktienmärkte ausserhalb des Technologiesektors ebenfalls solide Gewinnwachstumsraten erreichen und demzufolge Kursgewinne verzeichnen können. Zumindest erreichte der Nikkei-Index im Windschatten von Nvidia - und mit Hilfe der sich fortsetzenden JPY-Abwertung - mit einem Anstieg auf über 39.000 zum ersten Mal seit Ende 1989 ein neues Allzeithoch.

Auf der Makroebene zeigte das Protokoll der letzten FED-Sitzung vom Januar einen zunehmenden Vorbehalt der Mitglieder des Offenmarkt-Komitees gegenüber zeitnahen Leitzinssenkungen. Dennoch ging die Mehrzahl der Mitglieder unverändert von weiter sinkenden Teuerungsraten aus, möglicherweise in Unkenntnis der über Erwarten hohen Inflationsrate im Januar (+0.3% statt 0.2% im Monatsvergleich). Das FED dürfte zudem unter Berücksichtigung des erneut starken Arbeitsmarktberichts im selben Monat künftig etwas vorsichtiger kommunizieren und den Markt auf eine Verschiebung der ersten Zinssenkung von März auf Juni einstimmen.

In Europa signalisieren die Einkaufsmanagerindizes für Februar noch kein nahes Ende der Rezession im Industriesektor, wobei der zyklische Tiefpunkt mit Ausnahme Deutschlands erreicht sein sollte. Demgegenüber scheint der Dienstleistungssektor an Fahrt aufzunehmen und sollte dadurch verhindern, dass die Gesamtwirtschaft in eine tiefe Rezession abfällt. Hierbei hilft gewiss auch der Rückgang des für die europäische Industrie so wichtigen Gaspreises auf das Niveau von Ende 2021. Gerade für Deutschland, wo sich die Kosten der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Energie nach der Pandemie und infolge des Ukraine-Krieges massiv erhöhten, sind das gute Nachrichten.


Unsere Empfehlung

In der taktischen Anlagestrategie bilden Aktienanlagen auch in den kommenden Monaten unsere favorisierte Anlagekategorie, da die grossen Notenbanken aufgrund fallender Teuerungsraten in diesem Jahr ihre Leitzinsen senken werden. Der genaue Zeitpunkt ist dabei sekundär, entscheidender für die Märkte ist die Trendvorgabe, und diese ist sinkend. Kurzfristig könnte auf den überkauften US-Aktienmärkten eine Konsolidierung eintreten, insbesondere wenn die USD-Langfristzinsen den seit Anfang Jahr erfolgten Anstieg von 3.80% auf 4.30% fortsetzen sollten. Das gilt in abgeschwächter Form auch für die japanischen und europäischen Aktienmärkte. Weiterhin günstig präsentiert sich demgegenüber der schweizerische Aktienmarkt, der allerdings aufgrund der seit Jahresbeginn schwachen Performance der Indexschwergewichte Nestlé und Roche ein verzerrtes Bild abgibt. Im Gegensatz dazu haben einige Titel (u.a. LONN, CFR, SLHN, SREN, GIVN, ABBN) teilweise hohe Kursgewinne verzeichnet.

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; kurze und mittlere Laufzeiten bevorzugen, Unternehmensanleihen übergewichten
Aktien: Leichte Übergewichtung; Schweiz, USA und UK übergewichten; Japan, Schwellenländer und Europa neutral gewichten
Währungen: USD/CHF über 0.88 absichern und EUR/CHF über 0.97 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Silber und Platin neutral
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
TransaktionenAktien:  ; Obligationen: 
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, US Tech-Megacaps
Themen: Basismetalle und Energie

Matthias Wirz, 23. Februar 2024