«Grundsätzlich ist das Rahmenabkommen zwischen den USA und China zu begrüssen, da übermässige Zölle verhindert und gleichzeitig stabile globale Lieferketten sichergestellt werden.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Die USA und China haben bei den Verhandlungen in London eine vorläufige Einigung auf ein Rahmenabkommen bezüglich der Importzölle erzielt, ohne dass jedoch Details genannt wurden. Derweil urteilte ein amerikanisches Berufungsgericht, dass die Entscheidung des «International Court of Trade», der Trumps reziproke Zölle für gesetzwidrig erklärt hatte, einstweilig ungültig sei. Dabei soll ein endgültiges Urteil bis Ende Juli gefällt werden. Andererseits machen die Gespräche mit Mexiko und Indien scheinbar Fortschritte, wobei die USA die Verhandlungen sowohl mit China als auch mit anderen Nationen im Hinblick auf den 8. Juli – bis dann sind die Zölle ausgesetzt – beschleunigen will.
Der amerikanische Handelsminister Howard Lutnick gab keine Einzelheiten des Rahmenabkommens bekannt, deutete aber an, dass die Beschränkungen Chinas bei seltenen Erden aufgehoben werden dürften. Die USA wiederum signalisierten mögliche Kompromisse bei der Technologieexport-Kontrolle. Beides soll zeitnah nach Abschluss einer Vereinbarung geschehen. Noch unklar ist, ob die hochwertigen KI-Chips von Nvidia weiterhin der Exportkontrolle unterliegen werden. Ausserdem ist zu erwarten, dass die USA ihre Ausfuhrbegrenzungen der Software für Chipdesign, Ethan und Düsentriebwerke und zugehörigen Teilen an China überprüfen und möglicherweise lockern werden.
Grundsätzlich sind stabilere Beziehungen zwischen den USA und China zu begrüssen, da sie übermässige Zölle verhindern und gleichzeitig stabile globale Lieferketten sicherstellen werden. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die laufende Deeskalationsphase aufgrund der bestehenden strategischen Differenzen eine nachhaltige Trendwende darstellt.
Die Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank (FED) bleibt angesichts der herrschenden Unsicherheit bezüglich der Zölle und ihrer Auswirkungen auf die Inflationsrate weiterhin restriktiv. Allerdings gibt es erste Anzeichen, dass sich der Arbeitsmarkt abkühlt, weshalb die Arbeitslosenquote in den kommenden Monaten ansteigen dürfte. Andererseits erhöhte sich die Inflationsrate im Mai nur noch um 0.1% und erfüllt daher auf annualisierter Basis die Zielvorgabe von 2% des FED. Auch die Kernrate blieb auf Jahresbasis stabil bei 2.8%, sodass im späteren Verlauf des Jahres mit Leitzinssenkungen des FED zu rechnen ist. Damit sollte das FED seinem dualen Auftrag – Preisstabilität und Vollbeschäftigung – erfüllen. Darüber hinaus wurde die Nachricht, dass der aktuelle Finanzminister Bessent Nachfolger von Jerome Powell als Präsident des FED gehandelt wird - seine Amtszeit endet im Mai 2026 - vom Markt positiv aufgenommen.
Folglich dürften aus dieser Optik die Sorgen der weltweiten Anleger vor einem Vertrauensverlust in amerikanischen Anlagen, insbesondere für Staatsanleihen aus den USA, schwinden und somit das Risiko von Kapitalabflüssen erheblich reduzieren. Demgegenüber steht jedoch die Absicht der Regierung Trump, im Fiskalpaket 2025/26 die sogenannte «Section 899» einzubauen, welche vor allem ausländische Privatpersonen und Unternehmen aus denjenigen Ländern negativ tangieren könnte, welche nach Einschätzung der USA eine «diskriminierende» Steuerpolitik betreiben. Es ist allerdings fraglich, ob der Senat die «Section 899» in dieser Form gutheissen wird, weil damit Anlagen in US-Wertschriften deutlich an Attraktivität einbüssen dürften und deshalb mit massiven Kapitalabflüssen zu rechnen wäre.
In der Eurozone hat die Europäische Zentralbank (EZB) letzte Woche wie erwartet ihren Leitzins von 2.25% auf 2.00% gesenkt. Gleichzeitig sendete die EZB Signale für eine Zinspause aus, die möglicherweise bis in den Herbst hinein andauern kann, immer unter dem Vorbehalt der Datenabhängigkeit.
Mit der Beruhigung an den Obligationenmärkten haben sich folglich auch die langfristigen Renditen zurückgebildet. Dabei sind die 10-jährigen Renditen von USD-Staatsanleihen seit Mitte März von 4.6% auf 4.4% und diejenigen Deutschlands von 2.9% auf 2.5% gefallen und haben dadurch den Aktienmärkten neue Impulse verliehen. Aufgrund fallender Zinsen erhöht sich der aggregierte Barwert der in den Aktienindizes enthaltenen Unternehmen, bei gleichzeitig unveränderten Gewinnwachstumsraten. Diese verzeichnen ebenso wie die Gewinnmargen, trotz der zollbedingten Unsicherheiten, eine erstaunlich robuste Entwicklung.
Sofern die von den USA einseitig beschlossenen Importzölle dauerhaft ausgesetzt oder auf den Grundzoll von 10% reduziert werden, bleiben die Konjunkturrisiken begrenzt. Dadurch würden die Konsumenten und Unternehmen Klarheit für ihre Konsum- und Investitionspläne erhalten, sodass eine globale Rezession nahezu ausgeschlossen werden kann. Im Gegensatz dazu würde die strikte Umsetzung des ursprünglich am 2. April beschlossenen Zollpakets («Liberation Day) und die beschlossenen Gegenmassnahmen der betroffenen Länder (insbesondere China) die Weltwirtschaft mit grosser Wahrscheinlichkeit in eine Rezession stürzen.
Unverändert bevorzugen wir aufgrund der attraktiven Dividendenrendite (3%), des unterdurchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnisses (18.5) und der Aussicht auf weitere Zinssenkungsschritte der SNB den Schweizer Aktienmarkt (SPI). Dabei sollten die weitgehend konjunkturunabhängigen Sektoren Nicht-zyklischer Konsum, Versorger und Gesundheit übergewichtet werden. In diesen Sektoren sind die Aktien von Nestlé, Givaudan, BKW, Swisscom, Roche, Lonza und Novartis zu empfehlen. Auf der Obligationenseite sind infolge der zu erwartenden Leitzinssenkungen Anleihen mit mittleren und längeren Laufzeiten mit guter Bonität zu favorisieren. Aus dem gleichen Grund sind indirekte Immobilienanlagen, trotz teilweise hoher Bewertung, interessanter geworden.
Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Neutral-leichte Übergewichtung; Schweiz bevorzugen
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern; EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle und Energie untergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten, Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: - ; Obligationen:
1% SGS 2032
Sektoren: Übergewichtung nicht-zyklischer Konsum, Versorger, Gesundheit
Matthias Wirz, 13. Juni 2025