Zölle wirken wie ein Angebotsschock

  • Die aus dem Zollstreit hervorgerufenen Risiken für die Weltwirtschaft haben erheblich zugenommen.
  • Expansive Fiskalpolitik in Deutschland begünstigt Europa.
  • Kurzfristig ist an den ausverkauften Märkten mit einer technischen Kurserholung zu rechnen.
Matthias Wirz
«Im schlimmstmöglichen Fall droht weltweit eine Stagflation.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Der durch die die Regierung Trump ausgelöste Zollstreit droht weltweit zu eskalieren, weshalb die Aktienmärkte weiterhin im Korrekturmodus verharren. Während im Monatsvergleich der Dow Jones und S&P 500 je rund 9% und der Nasdaq über 13% verloren, gab in Europa der Euro Stoxx 50 nur knapp 2% nach. Der SMI konnte sich dagegen knapp über der Nulllinie behaupten.

  

Aktuelle Situation

In der Berichtswoche hat Kanada im Zollstreit mit den USA Gegenzölle von 25% auf Importe aus den USA im Wert von rund CAD 30 Mrd. beschlossen. Gleichzeitig droht die Regierung Trump der EU aufgrund deren Einführung von Gegenzöllen ab April mit einer erneuten Anhebung der bereits beschlossenen Zölle. Infolgedessen hat sich in den letzten Wochen nicht nur die Gemütslage der Anleger an den weltweiten Aktienbörsen, sondern auch der Investoren und Konsumenten laufend verschlechtert. Bereits machen an der Wall Street Rezessionsängste die Runde, da sich einige wichtige Konjunkturindikatoren zuletzt schwächer als erwartet entwickelt haben. Dennoch ist es angesichts des anhaltend robusten Arbeitsmarktes und der sich aufhellenden Stimmung der Einkaufsmanager in der Industrie – gemessen an den ISM-Indizes - zu früh, einem solchen Szenario eine hohe Wahrscheinlichkeit beizumessen. 

Hingegen wirken Zölle grundsätzlich wie ein negativer Angebotsschock, ähnlich den Ölpreisschocks in den 1970er-Jahren. Dadurch steigen die Kosten für Importwaren, wodurch sich die Produktionskosten für Unternehmen und die Preise der privaten Haushalte beträchtlich erhöhen. In der Folge verringern die Unternehmen ihr Angebot und heben ihre Preise an. In einer zweiten Phase sinkt aufgrund der höheren Preise die Nachfrage der Konsumenten, sofern die betroffenen Güter nicht substituiert werden können. Gleichzeitig entsteht Unsicherheit, welche private Investitionen hemmt und das Wirtschaftswachstum schmälert. Im schlimmstmöglichen Fall droht weltweit eine Stagflation, eine Kombination aus Inflation und stagnierendem Wirtschaftswachstum.

Indes sind in den USA die Inflationsdaten für Februar mit 0.2% für Kern- und Gesamtrate unter den Erwartungen geblieben und bestätigen den sinkenden Teuerungsdruck, zumindest in der kurzen Frist. Annualisiert erreichen beide Raten inzwischen ein Niveau von 2.4% und nähern sich sukzessive der vom FED geforderten Rate von 2.0% an. Dementsprechend ist in den kommenden Monaten mit zwei weiteren Leitzinssenkungen des FED von je 0.25% zu rechnen.  

Das von Elon Musk geleitete Department of Government Efficency (DOGE) hat trotz Massenentlassung von Bundesbeamten bisher noch keine Wirkung auf die Staatsausgaben gezeigt. Diese legten im Vergleich zum Februar 2024 sogar um 6% auf 607 Mrd. USD zu. Darüber hinaus haben die teilweise ungerechtfertigten Kündigungen zu einer Klagewelle der betroffenen Beamten und Arbeitnehmer geführt. In der Zwischenzeit droht im wiederkehrenden Haushaltsstreit im Kongress die Schliessung der staatlichen Einrichtungen und Betriebe («Shut-Down») noch Ende dieser Woche, nachdem die Demokraten im Senat keine Zustimmung zur Gesetzesinitiative der Republikaner zur Vermeidung des Shut-Downs geben wollen.

In Deutschland sollte die neue Bundesregierung, bestehend aus CDU/CSU und SPD, für die beiden geplanten Fonds für die Bundeswehr und Infrastruktur in der Höhe von je EUR 500 Mrd. dank Zugeständnissen an die Grünen eine Mehrheit im Bundestag finden. Aufgrund der Ausnahme der Fonds von der Schuldenbremse ist zusätzlich eine Änderung des Grundgesetzes notwendig, wofür wiederum eine Zweidrittelmehrheit zwingend ist.

Die deutschen Staatsanleihen haben in den letzten Wochen auf die Milliarden-Ausgabenpläne mit einem massiven Anstieg der 10-jährigen Rendite von 2.40% auf 2.90% reagiert. Die gesamte Renditekurve hat sich in den vergangenen Wochen markant nach oben verschoben und ist dabei deutlich steiler geworden. Der Anstieg der Zinsen ist vor allem auf die reale Komponente und weniger auf die Inflationsprämie zurückzuführen, da die expansivere Fiskalpolitik in Deutschland, aber auch in anderen Euroland-Staaten zu einer Zunahme der Risikoprämie führt. Deutschland steht jedoch mit einer Schuldenquote von 60% im Ländervergleich noch relativ gut da und hat entsprechend Spielraum. Ausserdem dürfte der Schwerpunkt des Anstiegs der Verteidigungsausgaben erst in 2 – 3 Jahren erfolgen, sodass sich der Anleihemarkt schon bald wieder stabilisieren sollte.


Unsere Empfehlung

In der Asset Allokation bevorzugen wir unverändert Aktienanlagen gegenüber Obligationen und Liquidität. Allerdings haben die aus dem Zollstreit hervorgerufenen Risiken für die Weltwirtschaft erheblich zugenommen. Sollte sich die laufende Konjunkturabschwächung in den USA akzentuieren, ist mittelfristig mit weiter fallenden Aktienmärkten zu rechnen. Die diesbezügliche Unsicherheit der Marktteilnehmer widerspiegelt sich in der schnellen Sektor-Rotation aus Wachstums- (Growth) in Substanzaktien (Value) und fallenden Renditen der USD-Staatsanleihen. Entsprechend erzielen die europäischen Aktienmärkte - und insbesondere der schweizerische Markt - mit ihrer eher defensiven Titelstruktur zurzeit eine deutlich bessere Performance als die US-Märkte. Kurzfristig ist an den ausverkauften Märkten – vor allem an der Nasdaq und S&P 500 – mit einer technischen Kurserholung zu rechnen. In diesem volatilen Umfeld bevorzugen wir weiterhin Schweizer Aktien, wo weitgehend konjunkturunabhängige Unternehmen stark vertreten sind (u.a Nestlé, Novartis und Roche). 

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Übergewichtung, USA, UK und Schweiz bevorzugen 
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv 
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: - ;  Obligationen:  -
Sektoren: Übergewichtung Versorger, Nicht-Zyklischer Konsum, Gesundheit           

Matthias Wirz, 14. März 2025