Sophie & Karl Binding Stiftung

Interview mit Monika Wirth

Fokus Biodiversität auch im Stiftungsgarten, der wild und unbekümmert wachsen darf © Kathrin Schulthess

Acht Fragen an Monika Wirth, Geschäftsführerin Sophie und Karl Binding Stiftung

Interview: Dominik Nussbaumer, Trafina Privatbank AG

Wer sich im Hauseingang zur Trafina Privatbank nach links wendet, steht vor der Eingangstür zur Sophie und Karl Binding Stiftung. Diese ist Eigentümerin der Doppelliegenschaft Rennweg 50/52, hat aber den Grossteil der Räume an die Trafina vermietet, mit der sie über das Mietverhältnis, Kaffeemaschine, gemeinsame Essen u.a.m. hinaus verschiedenste Beziehungen pflegt. So liegen z.B. die Ursprünge der heutigen Privatbank im Family Office der Stiftungsfamilie.

Monika Wirth, du bist die Geschäftsführerin der Sophie und Karl Binding Stiftung. Was fasziniert dich an deiner Arbeit?

Es ist ein unglaubliches Privileg – aber auch eine grosse Verantwortung, die uns im Rahmen unseres Zwecks zur Verfügung stehenden Gelder an sinnstiftende, wirkungsvolle Projekte gemeinnütziger Organisationen zu vergeben oder damit eigene Projekte zu entwickeln. Jedes Jahr sind wir so schweizweit mit 3.25 Mio. Franken fördernd tätig. Das ist auch immer wieder eine recht kreative Tätigkeit. Und da wir eine kleine Geschäftsstelle sind, ist unser Aufgabenbereich sehr breit. Er reicht von Gesprächen mit Gesuchsstellenden über Projektbesuche, Strategiearbeit, Austausch mit anderen Stiftungen, Verbandsarbeit, Kommunikation bis hin zu Anlagethemen u.a.m. Diese Vielseitigkeit und die Zusammenarbeit in unserem tollen Team gefallen mir extrem gut.

«Besonders schön an unserer Arbeit ist, dass sie beweglich bleibt, sich immer an den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen ausrichtet.»

Wer waren Sophie und Karl Binding?

Sophie von Opel-Hübscher (1902-1989) stammte aus Frankfurt am Main und war in erster Ehe mit Hans von Opel verheiratet, einem Enkel des Gründers der Opel-Autowerke, der seit dem Verkauf der Unternehmung an General Motors 1929 in Liestal wohnte. Nach seinem frühen Tod hinterliess er seiner Frau ein Vermögen, das später die Grundlage der Sophie und Karl Binding Stiftung bildete. Hans von Opel hatte 1930 die Finanzgesellschaft Hansa AG mit dem Zweck gegründet, den Ertrag aus dem Verkauf der Opel Autowerke zu bewirtschaften. Das Vermögensverwaltungsgeschäft wurde 1989 unter dem Namen Trafina ausgelagert und 1991 in eure Bank umgewandelt. Sophie von Opel-Hübscher heiratete 1951 Karl Binding (1911-1994), ebenfalls in Frankfurt am Main geboren, der aus der traditionsreichen Brauereifamilie stammte.

Warum hat das Ehepaar Binding beschlossen, die Stiftung in Basel zu errichten?

Um das Jahr 1962 konkretisierte sich bei Sophie und Karl Binding im Gespräch mit Vertrauten die Idee, eine gemeinnützige Stiftung zu errichten, die Stiftungsurkunde wurde am 2. Mai 1963 in Basel unterzeichnet. Das Ehepaar wollte wohl, so berichteten Wegbegleiter, der Schweiz etwas zurückgeben für das, was es dem Land zu verdanken hatte.

Was ist der Stiftungszweck?

Der Zweck erlaubt, die Förderstrategie jeweils an die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen anzupassen. Er umfasst Vorhaben «aller Art» zum Schutz der Natur, die Unterstützung von sozial ausgerichteten Institutionen sowie die Förderung des künstlerischen Schaffens und der Kulturpflege in verschiedenen Gebieten. Grob zusammengefasst sind wir heute schweizweit in den Bereichen Soziales (Fokus Kinder- und Jugendintegration und Gesellschaftlicher Zusammenhalt), Kultur (Baudenkmäler und Künste) und Umwelt (Biodiversität) tätig. Übrigens haben wir im Einklang mit diesem Fokus Biodiversität den Stiftungsgarten umgestalten lassen. Jetzt wächst er ursprünglich, wild und unbekümmert und bietet vielerlei Fauna und Flora Platz. 

Nach der Renovation offen für Kultur und Freizeit: Fabrikantenhaus Schwellbrunn © Ferien im Baudenkmal, Studio Gataric
Nach der Renovation offen für Kultur und Freizeit: Fabrikantenhaus Schwellbrunn © Ferien im Baudenkmal, Studio Gataric

Wie fördert denn die Stiftung heute?

Wir vergeben zum einen Projektbeiträge an gemeinnützige Organisationen, die innerhalb unserer Förderbereiche einen Antrag stellen. Dafür erhalten wir 700 bis 800 Anträge und Anfragen pro Jahr, von denen wir jene fördern können, die den Kriterien entsprechen. Wir unterstützen rund 130 Projekte pro Jahr, und hier ebenso breit wie unsere Strategie ausgelegt ist: So z.B. die Renovierung eines imposanten Fabrikantenhauses in Schwellbrunn, ein Tanzprojekt für benachteiligte Kinder in Basel, ein Arbeitsintegrationsprojekt für Jugendliche in Lausanne oder die Inwertsetzung einer Tessiner Kastanienselve.

Gibt es Organisationen, die die Stiftung unabhängig von den Projekten finanziell unterstützt? 

Tatsächlich fördern wir nicht nur via Projektbeiträge. Wir wissen, dass die meisten gemeinnützige Organisationen nicht vollständig von der öffentlichen Hand finanziert werden und auch für den Betrieb auf Unterstützung von Stiftungen angewiesen sind. Deshalb ist uns auch wichtig, langfristige Kooperationen mit Organisationen einzugehen, die auf besonders gute Art und Weise – innovativ, nachhaltig, effektiv – einen Beitrag an unsere Zielsetzungen leisten. 

Einer für alle und alle für einen: Jugendliche aus dem Programm MindMatters © RADIX
Einer für alle und alle für einen: Jugendliche aus dem Programm MindMatters © RADIX

Dies z.B. beim Projekt Mind Matters, das die psychische Gesundheit von SchülerInnen unterstützt und zu einer positiven gesunden Schulkultur beiträgt. Diese Partnerschaften erhöhen die Planungssicherheit, entlasten die Organisationen vom aufwändigen Fundraising und geben somit personelle Ressourcen für andere Aufgaben frei. Dennoch vergeben wir – oft auch mehrjährig – in der Hauptsache immer noch Projektbeiträge, damit wir unsere Flexibilität und Agilität erhalten und unsere Mittel nicht zu lang binden.

Und seit vier Jahren organisiert ihr auch den Binding Preis für Biodiversität, was wollt ihr damit bewirken?

Der Binding Preis für Biodiversität ist ein ganz eigenes Projekt, von uns entwickelt und vorwiegend von uns umgesetzt: Er ist mit insgesamt 125'000.- Franken dotiert und somit der grösste Umweltpreis der Schweiz. Wir möchten damit vorbildliche Projekte zur Förderung der Biodiversität im Siedlungsraum unterstützen, ins Scheinwerferlicht rücken und somit zur Nachahmung empfehlen. Einigen, besonders den Kennerinnen und Kennern der Umweltszene, wird der Binding Waldpreis noch ein Begriff sein, den die Stiftung bis 2016 ausgelobt hat. Der neue Preis ist das Nachfolgeprojekt – angepasst an die aktuellen Bedürfnisse. 

Vorbildhaftes Projekt in der Region: Natürliche Lebensräume und menschengemachte Geometrie: beim  Natur- und Erlebnisweiher Reinach, Anerkennungspreisträger 2024 © Stefanie Würsch
Vorbildhaftes Projekt in der Region: Natürliche Lebensräume und menschengemachte Geometrie: beim Natur- und Erlebnisweiher Reinach, Anerkennungspreisträger 2024 © Stefanie Würsch

Also keine statische Angelegenheit, so eine Förderstiftung?

Gar nicht! Besonders schön an unserer Arbeit ist ja, dass sie beweglich bleibt, und sich immer weiterentwickelt. So hat uns z.B. sehr gefreut, dass wir im letzten Jahr die private Studer/Ganz-Stiftung mit ihrem Literaturpreis übernehmen und ihn unter dem Namen Chrysalide weiterführen konnten. Die erste Preisverleihung fand im Januar 2025 im Literaturhaus Basel statt.

«Dichte Sprache und Bilderreichtum»: Chrysalide-Preisträgerin Louisa Merten © Kathrin Schulthess
«Dichte Sprache und Bilderreichtum»: Chrysalide-Preisträgerin Louisa Merten © Kathrin Schulthess

Liebe Monika, wir bedanken uns für dieses Gespräch und wünschen der Sophie und Karl Binding Stiftung weiterhin viel Erfolg!

 

https://www.binding-stiftung.ch/

https://www.preis-biodiversitaet.ch/

https://www.chrysalide-binding.ch/

 

Dominik Nussbaumer, 03. Juli 2025